Montag, 14. März 2016

Bauchladen, Geschichten und Grafik


Bauchladen, Geschichten und Grafik


Zwischen ca. 1995 - 1999 hatte ich - nachdem ich mein Diplom an der Kunsthochschule "erkämpft" hatte - ein Atelier im Schanzenviertel. Max-Brauer-Allee, Hinterhof, eine ehemalige Garage - zur "Wohnung" ausgebaut und schon damals überteuert vermietet. Hatte gerade eine berufsbegleitende Clownausbildung (tut/Hannover) hinter mir und war voller Ambitionen, die frischen Erfahrungen mit künstlerischem Engagement zu kombinieren. Trotz des Kunststudiums immer noch romantisch veranlagt, schwebte mir die Idee einer Wiederbelebung des Geschichtenerzählers und des fahrenden Händlers vor. Gedacht, getan. Nach und nach enstanden eine Reihe von Linoldruckmotiven in den Formaten A6 bis A4, die - inklusive mit jeweils mehreren Andruckexemplaren - kompakt in einen Ordner passten. Hinzu kam noch ein kleiner Bauchladen mit "Recycel-Art"-Schmuck und Origamipapier-Blumen. Ordner und Bauchladen konnte man bequem in einer Kuriertasche verstauen.

So ausgerüstet begann ich Abends die Kneipen und Clubs in der Schanze abzufahren. Zuerst fragte ich die Bedienung, bzw. den Chef(in), ob ich die Gäste ansprechen dürfte, um ein bisschen Kleinkunst gegen Spende zu verkaufen. Dann ging es von Tisch zu Tisch - immer im Rahmen eines kleinen theatralen Auftrittes - zu jedem Motiv oder Schmuckstück bei dem ein wenig Interesse aufblitzte, gab es eine kleine Geschichte, wobei einem die Erfahrungen der Impro-Workshops des "tut" sehr hilfreich waren. Daraus entwickelte sich eine Tour von 20 - 30 Läden im Schanzenviertel, Altona und Eimsbüttel, die ich fast allabendlich abfuhr. Ein knappes Jahr konnte man so seinen Lebensunterhalt bestreiten.

Aber das waren  andere Zeiten - die Leute wurden noch nicht alle 5 Minuten am Tisch angesprochen (Spende für Blinde, Rosen, Postkarten, bischen Kleingeld, etc) und waren aber auch generell zugänglicher. Immerhin konnte ich - im Rahmen dieses mobilen Ausstellungskonzeptes - ein paar tausend meiner Minidrucke und Kleinkunstobjekte unter die Leute bringen. Anstelle eines Überfluges und nachfolgender Landung in der Galerielandschaft, gings dann 2000 zum Zweitstudium an der Universität Hamburg. Ein Großteil der Druckplatten (über 100) hat die nachfolgenden Jahre mit mehreren Umzügen und "schlechtem Wetter" (gemeint sind unschöne Einflussnahmen) nicht überstanden. Die paar Wenigen und den Bauchladen, die noch vorhanden sind, könnt ihr euch gerne angucken.

Peer


































Bauchladen











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